Protokoll der 32. ZK der SED am 03.12.2005

Ich werde Euch erzählen seltsame Geschichte.

Als wir gestern abend die Gaststätte "Alter Brauhof" betraten, bot sich uns ein ernüchternder Anblick.

"Hier ist niemand zu sehen", meinte mein Gatte. In der Tat saß am Ende einer langen Tafel lediglich eine uns völlig unbekannte Dame in Begleitung eines Herrn. "Wie sollten sie uns aus der Ferne ansehen, bevor wir da reinplatzen."

"Vielleicht sind es Wilde, äh, wildfremde Menschen", erwiderte ich.

Dann erkennen wir in dem Herrn jedoch Herrn Oliver Martin.

"Servus, Herr Kollege! Sehr erfreut, Sie hier zu sehen!"

Die Dame stellt sich als Charlotte Schwarze vor, die schon vor Jahren aus der Bundeshauptstadt nach Karlsruhe übergesiedente1elt ist, weil es dort keinen donaldischen Stammtisch gab. Zeit wird´s!

Bald treffen in rascher Folge die vierköpfige Familie Martin ein, sodann Familie Krauß, Herr Mack, Herr Herges, Herr Gerber sowie – ebenfalls eine Premiere – Frau Pitz und Herr Hagenau.

Die Frauenquote ist mit 6 von 15 Anwesenden für donaldische Verhältnisse beachtlich, sodaß der Südeuropäer im Gegensatz zu seinen im Norden organisierten Gesinnungsbrüdern niemals konstatieren muß: "Aber wir haben nie Hühner gesehen."

An dieser Stelle muß die Chronistin nachtragen, daß mein Gatte und ich bei einem Besuch der Toskana im Mai dieses Jahres feststellen konnten, in wie glorreicher Tradition die SED damit steht. Schon die Etrusker kannten donaldische ZKs, wie Ausgrabungen beweisen (siehe Abbildung), sowie die Tatsache, daß ihre Nachbarn, die Griechen, sich darüber mokierten, daß die Frauen der Etrusker bei Trinkgelagen anwesend seien und "mit ihren Männern unter einer Decke stecken".)

Mein Gatte ("Ich sein alter Mann. Ich können nicht mehr gut sehen.") und Herr Krauß ("Ich sein alter Mann. Ich müssen nachdenken.") haben faule Ausreden parat, und so wird es als selbstverständlich vorausgesetzt, daß ich das Protokoll der Advents-ZK verfasse. Mir halst man immer die Schmutzarbeit auf. Die Größe des Stammtischs zwingt mich dazu, Herrn Herges zum "IM Nord" zu ernennen, der mich über die Vorgänge am nördlichen Teil des Tisches auf dem Laufenden hält


."Was gibt es zu Essen?" ertönt es allenthalben. "Ich bin halb verhungert!" – "Vielleicht gibt es Mastvicunafleisch mit Reissalat!" In der Küche entfaltet sich hektische Aktivität. "Entfacht das Feuer! Setzt Töpfe und Tiegel auf!"

Herr P. Martin intoniert auf einem undefinierbaren, vielfarbigen Instrument die Hymne der SED, in die alle Anwesenden schmetternd und stimmgewaltig einfallen. "Geht sofort zurück und übt", murren die anderen Gäste.

pmsingtDanach werden Geschenke verteilt. Plastikdonalde, Schokolade und –nikoläuse. Herr O. Martin offeriert gar jedem der Anwesenden ein Exemplar des Buches "Prinz Eisenherz", Frau Pitz führt sich auf das Charmanteste ein, indem jeder ein mit Gurkenmus gefülltes viereckiges Ei erhält. Frau Dioszeghy-Krauß hingegen, die ihren bizarren Humor schon zuvor unter Beweise gestellt hat, indem sie uns ihre Fledermaus "Batty" vorstellte, erntet mit ihrer Gabe wenig Gegenliebe. Es handelt sich um einen Original-Import gekochter chinesischer Hühnerfüße, die sie mit den Worten präsentiert: "Hier noch ein varrücktes Huhn! Viel varrückter als ich!" Die Dinger sind mindestens tausend Jahre alt. Man riecht´s.

Es werden Adventsleckereien jeglicher Art aufgetischt, von Lebkuchen (Eine ziemliche vollsaftige Angelegenheit) bis hin zu eigenartig verpackten Golfbällen (Oberfläche betonartig rauh und hart!). Mein Gatte und ich bemerken jedoch, daß uns weniger Schokolade gereicht wird als üblich. Wir scheinen ihnen auch zu rund zu sein.

Herr O. Martin überreicht Herrn Mack zum Trost für die "verlorenengegangene" Spendierhose in Anerkennung von dessen Verdiensten bei der Ausrichtung der externen ZK als Wanderpreis den ersten selbstverdienten Taler, der vom jeweils Ausgezeichneten nach Gutdünken weiterverliehen werden kann. Er geht nicht an das Geburtstagskind des Tages, Fräulein Anthea Martin, da der ein Jahr alten Dame von den Eltern kein angemessenes Taschengeld ausgezahlt wurde, das es ihr ermöglicht hätte, eine Runde zu schmeißen. Herr Mack und ich verlesen mit verteilten Rollen die Weihnachtsgeschichte "Erna, der Baum nadelt – Botanisches Drama am Heiligen Abend", er im saarländischen, ich im hessischen Idiom. Herr Gerber bemängelt die von Herrn Rowohlt verfaßte Version, bei der es sich nicht wie angegeben um Hamburgisch, sondern vielmehr um Missingsch handele. Welch ungeheurer Frevel! Auch in anderer Hinsicht sind die norddeutschen Teilnehmer der Veranstaltung nicht vollends zufrieden. Auf die Frage der Bedienung "Wie fanden Sie den Grünkohl?", wird wahrheitsgemäß geantwortet: "Zufällig, unter dem Kasseler." – "Und wie fanden sie das Kasseler?" – "Ungefähr wie Sohlenleder!"

Herr Herges verdient sich schokoladentechnisch den Schneemannpreis (durch Aufmerksamkeit, Zähigkeit und ein wenig Glück kann man es auch als kleiner Mann zu etwas bringen). Herr Mack begeht die Freudsche Fehlleistung, mich "Brigitte" zu nennen und begründet dies mit der noch immer an ihm nagenden Enttäuschung darüber, von dieser noch kein Banner bestickt bekommen zu haben (sie hat damit das schlimmste Verbrechen begangen, das bei uns denkbar ist) und somit noch immer GröBoB ("Größter Bannerträger ohne Banner") zu sein. Wenn das nicht schon die höchste

Not ist, dann weiß ich nicht

Herr P. Martin hat einen Schwung neuer Anstecker mitgebracht, d.h. eigentlich handelt es sich nur einen einzigen, da sie alle zusammenkleben. Er verfällt daraufhin in eine mittelschwere Depression und erklärt sich zum Total-Versager. Ach du mein Schreck! Bevor die Task Force der PDS (Psychologische Donaldisten Südeuropas) eingreifen kann, siegen jedoch die Selbstheilungskräfte; die autoaggressiven Strebungen werden durch extrapunitives Verhalten überwunden, indem er mich anherrscht, warum es noch keine Buttons der Daisyisten bzw. des Angehörigenkollektivs gebe.

Es wird eine Unterorganisation gegründet (Zum Segen der Menschheit!)

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Als die Veranstaltung zu entgleisen beginnt (es werden Menschenversuche mit alkoholischen Substanzen wie "Trallala" und "Mampe halb und halb" berichtet), verabschiedet sich Herr Gerber rasch, was zum Absingen der Hymne der D.O.N.A.L.D. führt.

 alle

Wie immer verläßt jeder die ZK ein wenig klüger, als er gekommen ist. Ich schnappe noch über vom pausenlosen Nachdenken. So erfahre ich, daß Sherlock Holmes einen Bruder hatte, und Herrn Krauß eröffnet sich eine völlig neue Welt, als Herr Mack und ich von den guten alten Zeiten der "WimS" zu schwadronieren beginnen, von Jochen, Leihbischof Klamm und Schnuffi, und wir Perlen deutscher Nachkriegsliteratur zitieren wie "Wo dieser Strich zu Ende ist, da wartet schon der Antichrist.".

Herr Herges wird wie immer ob seines strapaziösen Anfahrtsweges bedauert ("Es werden wohl exakt 313 km sein – wenn ich noch´n paar Mal um den Block fahre.")

Die Rechnung kommt. Das scheint serr, serr viel Pesos. – Wer soll das bezahlen? Wer hat soviel Geld? – Alles ehrlich? Nix Betrug? – Wenn mich noch einmal ein Eingeborener reinlegt, krieg ich einen Tobsuchtsanfall. Der Koch will sie uns mit Mohrenköpfen versüßen. "Haben Sie jetzt wieder Appetit?" – "Nein!" – "Nein!" – "Nein!" – "Nein!" – "Kommt, wir seilen uns ab."

Die nächste ZK findet am 4.2. am gleichen Ort statt, die darauffolgende im Saarland. Erst jetzt fällt mir auf, daß ich nicht weiß, wann die Mai-ZK stattfinden soll. Wenn mein Kopfweh weg ist, frage ich jemanden danach…

Kleines Weihnachtsgeschenk von mir an den verehrten Leser dieses Protokolls: Mal bei Google "Failure" eingeben, und dann "Auf gut Glück" anklicken. Wer´s noch nicht kennt, wird erstaunt sein, wo er landet…

Frohes Fest, dann noch. Und nehmt den Kaugummi aus dem Mund!

Uschi Timm-Winkmann, Vorsitzende des Angehörigen-Kollektivs der SED