Protokoll der 28. ZK der SED am 11.12.2004

"Mann, ist das kalt heute!" Der Blick auf das Thermometer bestätigt unseren Verdacht. Es ist minus 3°! Und das bei diesen Ölpreisen! Es würde die Lebensqualität echt erhöhen, wenn man nicht heizen müßte. Zum Glück ist es nicht weit zum "Alten Brauhof", den wir als Einzige an diesem Abend aus eigener Muskelkraft ansteuern. (Keuch! Keuch! Keuch!)

Wir treffen pünktlich ein, aber was müssen wir sehen: Keiner da! Das gibt mir die Gelegenheit, die begehrte Bank am Kopf der liebevoll gedeckten Tafel einzunehmen.

Günstiger Platz! Wir können jeden sehen, bevor er uns sieht.

Als sich die Tür zum nächsten Mal öffnet, strömen so viele SEDler gleichzeitig herein, daß es zu einem kleinen Gedränge kommt ("Mach Platz! Wir kommen auch!") Begeistert begrüßen die bereits Anwesenden Herrn Herges sowie die Angehörigen der Martin-Dynastie, die hochverehrte Präsidente samt Gattin Marliese sowie Töchter Celine und Anthea und Sohn Maximilian. Es wird beschlossen, die Sitzung zu eröffnen. Da der Termin auf Wunsch von Frau Garhöfer verschoben wurde, rechnen zunächst alle fest mit ihrem Erscheinen. Sie hat sich jedoch aus gesundheitlichen Gründen entschuldigen lassen. Auch mich packt ein plötzliches Unwohlsein. Mir dreht sich alles! Und mein Kopf brennt wie Feuer. – Warum denn? Wovor muß ich Angst haben? Dann fällt es mir wieder ein - ich hatte versprochen, an diesem Abend das Protokoll zu führen. Muß ich ja wohl!

Trotz meiner Warnung, daß die Zahl von 13 Teilnehmern noch nicht erreicht wurde, wird beschlossen, die Hymne der SED anzustimmen. Herr PaTrick Martin begleitet uns auf der C-Flöte. Aus! Aus! Hilfe! Dieses ahnend, zögert ein verspäteter Herr Hipke zunächst, das Lokal zu betreten. Der rennt glatt vorbei. Dann verhallen die letzten Töne von Herrn Martins Zugabe "Alle Jahre wieder". Oh, er kommt zurück! – Scheint zu wissen, wo wir sind!

Es stellt sich heraus, daß die heutige Tagesordnung nur einen einzigen Punkt umfaßt, die Verschiebung des nächsten SED-Termins auf den 19.02.2005, da einige der Anwesenden am ursprünglich vorgesehenen einer anderen, nicht minder erfreulichen Verpflichtung nachkommen wollen. Und was nun? – Tja, wie geht´s weiter?

Plötzlich zieht ein vorweihnachtlich anmutender zarter Duft nach Weihrauch durch den Raum: die Präsidente hebt zur alljährlichen Selbstbeweihräucherung der SED an.

So ruft er uns in Erinnerung, daß in Heidelberg der bisher teilnehmerstärkste Kongreß ausgerichtet wurde, daß zwei SüdEuropäer dort mit dem Amt der Präsidente respektive des Zeremonienmeisters betraut wurden, und daß auch die Zwischenzeremonie auf südeuropäischem Boden ausgerichtet wurde. Auch die aktive Teilnahme an der "Mind Academy" in Darmstadt war überaus erfolgreich. Bei den Vorträgen donaldischen Inhalts sei zugehört und mitdacht, zudem seien kluge Fragen gestellt worden; die Zuhörer hätten sogar einer Zugabe zuliebe die Mittagspause verschoben. Frau Dioszeghy-Krauß weist zu Recht darauf hin, daß wiederum der Preis für die Lösung des donaldischen Quizes nach SüdEuropa gegangen sei. Zudem wird erwähnt, daß es einem SüdEuropäer (meinem Gatten) zu verdanken ist, daß die amtierende Präsidente über ein repräsentatives Amtssiegel verfügt. Und vor nicht einmal zwei Wochen fand in Pforzheim die Eröffnung der Ausstellung "Dem Ingeniör ist nichts zu schwör" statt, die dank der Vorträge der Herren P. Martin, Seitz und Bahners den Charakter eines "kleinen Kongresses" hatten.

(Mein Gatte und ich denken gerührt an die schönen Stunden zurück, die wir in der St.Martins(sic!)-Kirche hatten, an die vielen Stunden vor allem, die zwischen der Eröffnungsansprache des Kulturdezernenten der Stadt Pforzheim und dem Fortgang der Veranstaltung lagen, um den zunächst überaus zahlreich erschienen Zuhörern - es mußten noch Stühle beigestellt werden! - die Möglichkeit zu geben, noch einmal zu überdenken, ob man wirklich drei Stunden ausharren wolle, um den nächsten Referenten zu lauschen. Fehlanzeige! In dieser Pause wurde den anwesenden Donaldisten zumindest eine warme Mahlzeit auf Kosten der Gemeinde gereicht, und ich erinnere mich noch an eine launige Bemerkung, die ich meinem Gatten gegenüber machte: "Weit ist es mit uns gekommen! Jetzt müssen wir schon dankbar sein, wenn man uns in der Kirche eine warme Suppe spendiert!")

Der Titel der "Präsidente der Herzen" ist zu Recht an den unvergessenen Herrn Wackerhagen vergeben, doch ist jetzt schon zu erahnen, daß Herr PaTrick Martin als die "Präsidente des Fleisses" in die Annalen der donaldischen Geschichtsbücher eingehen wird. Die angeborene Bescheidenheit, die den besonderen Charme dieses wahrhaft großen Mannes ausmacht, verbietet es ihm, die größte seiner Leistungen in diesem Jahr hervorzuheben. So vertraute uns seine zu diesem Zeitpunkt ranke, wenn auch nicht mehr übermäßig schlanke Gattin Marliese in Pforzheim an, sie gedächte an just diesem ZK-Termin ein weiteres SED-Mitglied zur Welt zu bringen. Das beunruhigte uns im Vorfeld beträchtlich, hätte es doch geheißen, an diesem Abend auf große Teile, wenn nicht auf alle Angehörigen der Präsidentenfamilie verzichten zu müssen. Aber wer dies fürchtete, kannte unsere pflichtbewußte First Duckess schlecht. Sie verlegte den Termin der Eiablage einfach vor, damit er nicht mit der ZK kollidiere. Und so konnten wie berichtet alle, auch das jüngste Mitglied der Martin-Dynastie ordnungsgemäß erscheinen. Bravo! Nur Nachgeborene, für die der Begriff Pisa mehr bedeutet als der Name einer norditalienischen Stadt, in der die Baumeister hochmütig auf den Gebrauch des Lots verzichteten, werden an dieser Stelle keck einwerfen, so weit könne es mit dem Arbeitseifer eines Mannes nicht her sein, der neben seinen Ehrenämtern noch die Zeit finde, den Freuden des ehelichen Schlafgemachs zu frönen. Den haben wir zu Unrecht verdächtigt! Wir älteren Donaldisten hingegen, die noch gelernt haben, mit nichts als der Hilfe unserer acht Finger zu rechnen, stellen schnell fest, daß die Zeugung ("Wohltätig ist des Feuers Macht, wenn es der Mensch zur Lust entfacht") der fraglichen Jung-Neffin noch vor der Inauguration der Präsidente stattgefunden haben muß.

Daß unsere Präsidente nicht nur fleißig und pflichtbewußt, sondern auch großherzig und mildtätig ist, zeigt sich, als die Zeit der Bescherung kommt, und neben einem Teller mit weihnachtlichem Konfekt jeder der Anwesenden einen Schokoladennikolaus erhält. Und das von einem Mann, der eine riesige Kinderschar durchzufüttern hat! Die erste Unterorganisation wird gegründet:

B ande

U nmäßig

L ustvoll

L eckereien

E innehmender,

R egelmäßig

J ahresendzeitlich

A lkoholdurchtränkter

H onoriger

N ichtsnutze

Frau Diosezeghy-Krauß beschenkt die Anwesenden mit professionell höchstselbst hergestellten Wehnachtsgrußkarten, auf denen die Fußabdrücke des kleinen Herrn Duck auf dem "Walk Of Fame" zu sehen sind. Herr Herges entpuppt sich nicht zum ersten Mal als brillanter Entertainer, indem er "unkaputtbare" Seifenblasen herstellt, gar drei davon auf seiner Hand zu einem kleinen Schneemann türmt. Dies löst die Gründung der zweiten Unterorganisation an diesem Abend aus:

S üd-

E uropäische

I ntelligente

F reigeister,

E rzeuger

N euartiger

B lasen,

L ieblich

A nzuschauender

S phärischer

E rscheinungen

Als die besinnliche Stimmung ihren Höhepunkt erreicht, gebe ich trotz schwacher Proteste ("Wenn du auch noch poetisch wirst, dreh´ ich durch!") zunächst eine Predigt, sodann ein Weihnachtsgedicht zum besten. Herr O. Martin läßt sich nicht lumpen und bricht spontan in sein Lieblingsgedicht aus (Daß der Kerl mich kopiert, stinkt mir gewaltig!), das er zunächst auf Deutsch ("Oh, zerfrettelter Grunzwanzling..."), dann auf Englisch rezitiert. Er begeht lediglich den verzeihlichen Fehler, es den Asgothen von Kria ("Ode an einen kleinen grünen Kittklumpen, den ich eines Sommermorgens in meiner Achselhöhle fand") zuzuschreiben. Obwohl Frau Dioszeghy-Krauß und ich frenetisch applaudieren, heißt es: "Zu wenig, zu spät", und wir werden ohne weiteres Federlesen durch die Luftschleuse entsorgt.

Wie es gern geschieht, wenn betagte Menschen zusammen-sitzen, kommt es zur Preisgabe bisher schamhaft verschwie-gener Schwänke aus der Schul- und Musterungszeit. Man berichtet... Es stellt sich heraus, daß Herr Herges der einzige der Anwesenden ist, der den Dienst fürs Vaterland geleistet und den grauen Rock der Ehre getragen hat. Diese Eröffnung führt dazu, daß er von einem wahren Blitzlichtgewitter der anwesen-den Paparazzi geblendet wird. Er wird mit der Gründung einer plansollübererfüllenden dritten Unterorganisation geehrt:

S üdeuropäische

O rganisation

L anggedienter

O berfeldwebel

Die Aufschrift auf seiner weihnachtlichen Kopfbedeckung "Kiss Me, It´s Christmas" gibt zu Rätselraten Anlaß, da die Nachfrage, auf welche der anwesenden fünf Damen nahezu aller Altersstufen sich diese Aufforderung beziehe, von Herrn Herges mit verstocktem Schweigen beantwortet wird.

Später... Wer die SüdEuropäer kennt, weiß, daß an diesem Abend noch unendlich viel mehr Berichtenswertes stattgefunden hat, das jedoch den Rahmen dieses Protokolles sprengen würde. Nur einige Stichpunkte: Der Geizhals hat der Einrichtung einer Enzyklopädie veröffentlichter donaldischer Forschungsergebnisse zugestimmt; Entenhausen ist überall: Die Dunkelfeld-Mikroskopie nach Dr. Enderlein hat nachgewiesen, daß energetisierte Plüschbären die Verkettungen von Blutkörperchen sichtbar lösen können; Anwürfe, die sich Herr Krauß hat gefallen lassen müssen, seine Forschungsergebnisse zeigten formale Mängel in der Präsentation, konnten entschieden zurückgewiesen werden, vielmehr zeigt eine jüngst erschienene Beilage "Natur und Wissenschaft" der FAZ, daß er damit durchaus im Trend liegt.

Man ist am Ziel... Der Stellvertreter des Wirtes gibt jedem, der dies wünscht, einen Schnaps aus. Hat einfach ein Loch in den Fußboden gebrannt! – Warum sollte er? – Das kann nur einen Grund haben. Er will uns nahelegen, die Rechnung zu begleichen. Wir hören ihn murmeln: "Das Fenster vernageln wir lieber auch. – Sicher ist sicher!" Wir prüfen die Rechnung: "Hier steht was von Eisbeutel und Pflaumensaft."Kosten: 1594 Taler plus Mehrwertsteuer! Auweia!

Kurz spielen wir alternative Möglichkeiten durch: Da! Ein offenes Fenster! – Der Typ merkt nicht, wenn wir uns verkrümeln. - Im wohltätigen Dunkel der Nacht... Doch uns schwant: Kurz bevor man das rettende Eigenheim erreicht, hört man die wohlbekannte Tröte des Martinshorns... – Reiß dich zusammen, sonst kommst du ins Kittchen!

Und so endet dieser Abend wie jeder andere.