XIX. ZusammenKunft der SED am 30.11.02
 
 

In freudiger Erregung machen mein Gatte und ich uns auf den Weg in den "Alten Brauhof", der durch den Kongreß in Karlsruhe auch der überregionalen donaldistischen Öffentlichkeit bekannt ist.

Wir müssen uns erst wieder daran gewöhnen, daß das Lokal im Winter nur durch die Seitentür zugänglich ist. "Das ist der Eingang. Sehr groß ist er nicht," meint Andreas. "Traust du dich da rein?" An Mut gebricht´s mir nicht. Aber dann: Was sehen meine armen Augen? Plötzlich allein auf weiter Flur! Sollte die mehrfache Terminverschiebung doch zu so großer Verwirrung beigetragen haben, daß niemand kommt? Dann Erleichterung: Sie kommt! Sie kommt! Ich hab gehört, wie´s geraschelt hat. Und schon steht Frau Garhöfer im Raum, bald gefolgt von den Herren Oliver Martin und Veith, Herrn PaTrick Martin nebst Gattin und Sprößling, Herrn Krauß und Frau Dioszeghy-Krauß, Herrn Herges sowie Herrn Mack.


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Reizende Menschen, was? Das einzige, was sie mit dem Weihnachtsmann gemeinsam haben, ist der Bart.
 

Ein so überwältigender Andrang nötigt uns, an einen größeren Tisch zu wechseln. Ich nutze die Gunst der Stunde, was Frau Dioszeghy-Krauß zur Bemerkung veranlaßt: "Die einzig günstig gelegene Bank nimmt sie mir weg. Typisch!" Somit ist lediglich unser üblicher Kellner Willi der Terminänderung zum Opfer gefallen und zu unserem Erstaunen ist der etwas ungeschlachte Gesell durch eine zarte junge Elfe namens Lena ersetzt worden. Nach ausgelassener gegenseitiger Kontaktaufnahme ("Na Kinder, wie ist´s Euch inzwischen ergangen?") wird betreten zur Kenntnis genommen, daß die Anzahl der Anwesenden knapp die 13 verfehlt hat, jedoch hat ja der Geizhals der D.O.N.A.L.D. sein Kommen fest angekündigt. Traurig, aber gefaßt berät man nun die notwendigen Entscheidungen, legt die Tagesordnung fest und sucht einen Protokollführer. Für einen so guten Zweck stelle ich mich natürlich zur Verfügung. Wir eröffnen den offiziellen Teil der Veranstaltung mit dem Absingen der SED-Hymne, ohne Rücksicht auf die anderen Gäste des Lokals. (Furchtbar peinlich! Ich habe das Gefühl, alles starrt uns an. Hoffentlich erkennt mich niemand!) Leider hat der Brauhof der Weihnachts-ZK der SED keinen entsprechenden Rahmen zur Verfügung gestellt, es gibt kein Marzipan, keine Plätzchen, und Spielsachen schon gar nicht. Diesen Mißstand vorausahnend sind die SED-Mitglieder jedoch mit vollen Taschen angereist und so biegen sich schon bald die Tische unter der Last von Naschwerk und Leckereien.

Zunächst wird der Antrag des Bannerträgers der SED beraten, ihm einen vor ihm herschreitenden Pflaumenwerfer beizuordnen, der die Worte skandiert: "Es lebe die donaldistische Revolution! Heil und Ehre dem Bannerträger der ruhmreichen SED!", um seinem Auftritt künftig einen würdevollen Rahmen zu verleihen. Doch damit sind Größenwahn und Prunksucht des Bannerträgers noch lange nicht befriedigt; er besteht kategorisch auf einem Banner aus eitel Goldbrokat. Koste es, was es wolle! (Wie rührend! Mit meinem Geld wohl?) Es wird beschlossen, diese Anschaffung aus der SED-Kasse zu bestreiten. Jedoch: O Schreck laß nach! Ein Loch! Ein bodenloses Loch! Wir können nicht wagen, das Loch zu erweitern. Irgendwie müssen wir das Geld auftreiben. Schon geht die Archivase der SED mit einem Hut herum: "Geben ist seliger als Nehmen! Und außerdem ist Weihnachten ja das Fest der Liebe." Da will sich niemand lumpen lassen: "Hier sind unsere 5 Taler!" - "Und hier meine!" - " In Scheinen oder Münzen? Oder halb und halb?" Wenn die Kinder so opferbereit sind, will ich auch nicht zurückstehen. Nachdem jeder einige Scheine locker gemacht hat, fließt nur noch Kleingeld. Nun - wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert.


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Da hat so ein taktloser Mensch einen Kreuzer glühend gemacht und dir in den Hut geworfen.
 

Frau Garhöfer gibt bekannt, daß die Sammlung 47,65 Euro erbracht hat. (Ich will auch mal auf so einfache Art und Weise zu Geld kommen.) Obwohl es schwerfällt("Kein Zahltag in Aussicht bis zum nächsten Jahr und keine Menschenseele, die mir was pumpt!"), werden die letzten Kreuzer zusammengekratzt und die Summe auf 50 Euro erhöht. Somit muß nicht einmal das Stammkapital der SED in Höhe von 3,13 Taler angegriffen werden. Die Freude ist groß: "Juchheißa, juchei! Jetzt haben wir genug Geld." – "Hipp, hipp, hurra! Wir haben die Piepen zusammen!" Hoffnungsfroh wird geäußert: "Wenn der Kassenwart kommt, wird er bestimmt die Summe verdoppeln!" Realistischere Gemüter vermuten jedoch: "Man müßte es dem alten Geizhals mit List und Tücke abluchsen!"

Doch zunächst muß die wie immer umfangreiche Tagesordnung abgearbeitet werden. So wird besprochen, die D.O.N.A.L.D. für den alternativen Nobelpreis vorzuschlagen. SED, FDJ sowie das Angehörigenkollektiv der SED begrüßen begeistert ihr neues, erst 10 Wochen altes Mitglied, das den Altersdurchschnitt der FDJ so drastisch nach unten drückt, daß satzungsgemäß auf Jahre hinaus keine Neuaufnahmen möglich sein werden. Plötzlich: Schockschwerenot! Wer klopft da? Ein Ausruf: "Ich rieche Geld!" Doch es ist wieder nicht der Geizhals, sondern Herr Hipke. Der Bannerträger stellt eilends den Antrag, daß dem 13. Gast das Ehrenamt des Pflaumenwarts übertragen wird und überreicht in einem feierlichen Akt Mütze und Pflaumen.


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Der Bannerträger überreicht dem Pflaumenwart Mütze und Pflaumen.
 

Es wird diskutiert, wie die Homepage der SED in Zukunft schneller eingestellt werden kann. Herr Veith übergibt Unterlagen aus der Frühzeit der SED und entschuldigt sich für die nächsten 4 Sitzungen. Er wird zum Auslandsbeauftragten in Chile (ABC) der SED ernannt. Frau Garhöfer hat Ordner und Locher vergessen und wird ermahnt. Herr Mack quengelt, daß er noch nicht in die Unterorganisation "Ehrenbürger von Timbuktu" aufgenommen wurde, obwohl er einen fast so weiten Anreiseweg habe wie Herr Herges, welcher auch diesmal wieder 250 km zurücklegen mußte.

Es wird über mögliche Ausrichtungsorte des Kongresses 2004 diskutiert. Hellseher müßte man sein!

Stunde auf Stunde vergeht, der Geizhals ist immer noch nicht eingetroffen. Hilf Himmel, was ist passiert? Die 13 wackeren Versammelten schauen betreten. Daß sie so eine Enttäuschung erleben müssen! Mögliche Gründe werden diskutiert: will uns der Kassenwart durch sein Fernbleiben ein Zeichen geben, daß er sich unserer belegbaren Meinung anschließt, der Karlsruher Kongreß sei nicht etwa der teuerste, sondern vielmehr einer der günstigsten gewesen? (Davon können wir uns nichts kaufen. Gib´s uns lieber in bar!) Oder hat er etwa ein Billett nach dem neuen Fahrpreissystem der Bahn erwerben wollen? Ich bin enttäuscht, dem Geizhals nicht mitteilen zu können, daß mich nicht etwa seine Vermutung gekränkt hat, ich hätte die gesamten Bareinnahmen des Kongresses unterschlagen(man kriegt ein richtig schlechtes Gewissen), sondern daß er davon ausgeht, ich sei dabei so dilettantisch zu Werke gegangen, daß das Verbrechen schon nach einem Jahr aufflog! Ich könnte platzen vor Wut! Zugunsten des Ausbleibenden wird angenommen, er habe sich schlicht und einfach verlaufen. Dies wird dies zum Anlaß genommen, eine neue Unterorganisation zu gründen: "Angekündigte Leute, die irregehen" (ALDI).

Wie schon im Vorjahr wird auch diesmal die ZK mit einem Kulturteil beendet, als Herr PaTrick Martin die Blockflöte zückt und zwar nicht O DU FRÖHLICHE... O DU SELIGE... zum besten gibt, jedoch eine so gelungene Symbiose von Flötenspiel und Hardrockmusik, daß es Jethro Tull die Schamesröte in die welken Wangen treiben würde. Die Mitglieder der FDJ halten vor Staunen Maulaffen feil, während die Älteren sich ihrer Rührung nicht schämen. Ich kann vor lauter Tränen nichts erkennen.

Herrn Krauß wird das Versprechen abgenommen, bis Ostern auf der Djembe oder Conga das schöne Lied "Trautes Heim Entenhausen" zu üben und damit die Osterparade anzuführen. Während die Einheimischen sich mit ihrem Alkoholkonsum brüsten ("Voll bis zum Rand! Viel geht nun wirklich nicht mehr hinein."), meinen die Autofahrer neidisch: "Laßt jetzt das Zählen, bringt lieber Wasser!" Nie wurde die Hymne so inbrünstig geschmettert wie am Ende dieser Veranstaltung.

Jetzt muß nur noch gezahlt werden. Hab´ ich jetzt drei Teller Haferbrei gegessen oder vier? Zum Dank dafür, daß wir wieder so viele zahlungskräftige Gäste in sein Lokal gelockt haben, werden mir und meinem Gatten vom Koch noch zwei gutgefüllte Gläser Branntwein ausgegeben. (Hat direkt ein Loch durchgebrannt!) Die Veranstaltung wird mit den Worten aufgelöst: "Geht nach Hause, Kinder, und macht Euch keine Sorgen mehr!" (Ganz langsam natürlich... um Erschütterungen zu vermeiden! Dennoch schwankt der Boden etwas unter meinen Füssen. Ich vermute gewisse geologische Unregelmäßigkeiten unter dem Fundament.)

Übrig bleiben am Tag nach der ZK zwei Erkenntnisse: Da ist man oft so unzufrieden, und dabei haben wir´s so gut! Und: Wir fürchten, bis der Geizhals den Weg nach Karlsruhe findet, dauert es noch zweihundertzweiundzwanzig Jahre, elf Monate und vier Tage!
 
 

Uschi Timm-Winkmann, Vorsitzende des Angehörigenkollektivs der SED